Am gestrigen 12. April fand das diesjährige Vorbereitungsmeeting (IGF‑D) für das Internet Goverance Forum (IGF) der Vereinten Nationen im September in Nairobi statt.
dotBERLIN Gründer Dirk Krischenowski moderierte das mit verschiedenen Interessenvertretern von Regierung, Wirtschaft und Bürgern besetzte Panel mit dem Titel „Wirtschaftliche, bürgerrechtliche und technische Anforderungen an eine globale Infrastruktur: Grundversorgung und Daseinsvorsorge, Recht auf Anonymität, Netzneutralität und die Einführung von IPv6”.
Die Panelisten waren:
Dr. Iris Henseler-Unger ist promovierte Volkswirtin und startete ihre Karriere 1986 im Bundesministerium für Wirtschaft in dem sie in verschiedenen Fachbereichen tätig war. Von 1993–1999 folgte ein wichtiger Abstecher bei der FDP-Bundestagsfraktion wo sie für den Bereich Wirtschaftspolitik, Post und Telekommunikation zuständig war und hier insbesondere das Gesetzgebungsverfahren zur Liberalisierung der Post- und Telekommunikationsmärkte begleitete. Seit März 2004 ist sie Vizepräsidentin der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, die heute Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen heißt.
Martin Schallbruch hat nach einem Informatik, Rechts- und Sozialwissenschaftlichen Studium viele Jahre als diplomierter Informatiker der TU Berlin an der Humboldt-Universität sowie später als Leiter eines IT-Servicezentrums HU gearbeitet, bevor er 1998 in den Dienst der Bundesregierung eintrat, zunächst als persönlicher Referent der Staatssekretärin Zypries. Martin Schallbruch ist seit 2002 IT-Direktor und seit 2008 IT-Beauftragter des Bundesministeriums des Innern. Er ist verantwortlich für IT-Strategie und IT-Koordinierung der Bundesverwaltung. In dem von ihm geleiteten IT-Stab werden das Projektmanagement für die E‑Government-Initiative 2.0 ebenso gesteuert wie die Koordinierung der nationalen E‑Government-Strategie Deutschland-Online. Seine Verantwortung erstreckt sich auch auf die IT-Sicherheitspolitik, das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik sowie Pässe, Personalausweise und die DE-Mail.
Valentina Kerst ist ausgebildete Betriebswirtin. Nach 4 Jahre Business Development bei eco e.V. ist sie Herbst 2010 Präsidentin der Software-Initiative Deutschland e.V. geworden. Seit Januar 2011 ist sie Geschäftsführerin der topiclodge, einem Unternehmen, dass Unternehmen, Internet-Start-Ups, Verbände und politiknahe Organisationen Internet-strategischen Themen berät. Sie ist zudem Mitglied des Gesprächskreises Netzpolitik des SPD-Parteivorstandes und des Forums Netzpolitik der Kölner SPD, Mitglied des FES-Expertenbeirats zur Enquetekommission „Internet und digitale Gesellschaft”, Mitglied des Kernteams und im „Dialogkreis Netzpolitik” von MdB Martin Dörmann tätig.
Hans Peter Dittler ist studierter Informatiker der Brutstätte des dt. Internets an der Universität Karlsruhe und gründete 1995 ein Unternehmen für Internet-Netzwerk-Beratung, das gefragter Ansprechpartner bei Regierungen ist. Er war 1991 Gründungsmitglied der DIGI (Deutsche Interessengemeinschaft Internet), ist heute Vorstandsvorsitzender der Internet Society German Chapter e.V. (ISOC), arbeitet in den globalen Arbeitsgruppen bei der Ethernet-Normierung sowie der IETF Internet-Standardisierung mit und ist Mitglied im Advisory Council der Public Interest Registry, die die .org TLD betreibt.
Dean Ceulic ist als studierter Kaufmann Leiter Internet Standards & Policy beim Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) e.V. Er ist auf nationaler und internationaler Ebene zuständig für die Themenbereiche Internet Governance, Standards und Policy, das auch den Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu Behörden und Internet-Gremien beinhaltet. Er tritt für die Multistakeholder-basierte Selbstverwaltung des Internet ein und beschäftigt sich vorrangig mit der Entwicklung des Internet und damit verbundener Standardisierungsprozesse, Fragen der Netzneutralität, sowie ökonomischen und technischen Aspekten der Regulierung. Er ist Mitbegründer des deutschen Internet Governance Forums. Außerdem ist er Mitbegründer der Certified Senders Alliance(www.certified-senders.eu), die sich zu einem rechtlichen und technischen Standard im Direkt-Marketing in Deutschland etabliert hat.
Die Fragen von Dirk Krischenowski an die Panelisten waren u.a.:
„Wir sprechen auf diesem Panel über ein globales Thema bei dem Deutschland aufgrund seiner Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl eine wichtige Rolle spielt, vor allem auch in Europa. Erst vor Kurzem wurde auf einer Tagung der UN zum Internet Governance Forum IGF wieder diskutiert, ob das Internet nicht besser unter zwischenstaatliche Kontrolle zu bringen sei. Andere Stakeholder seien dabei unterwünscht. Wie kann gewährleistet werden, dass Deutschlands hier nicht den Anschluss verliert und unsere Stimme, inklusive der der Stakeholder, Gewicht in der internationalen Diskussion und bei Entscheidungsfindungen hat?”
„Versorgungslücken mit Breitband auf dem Land werden immer wieder bemängelt. Die Internetdurchdringung soll laut letzten Studien bei über 79% liegen, andere Studien sprechen von knapp 60% wirklicher Nutzung und dann gibt es noch den Begriff des „erfahrenen Nutzers”. D21 schrieb zuletzt im Dez 2010: „Damit seien im Jahr 2010 aber noch immer fast zwei Drittel der Bevölkerung keine erfahrenen Nutzers und damit nicht in der digitalen Alltagswelt angekommen. Was bedeutet das für effektives E‑Government, vergessen oder verlieren wir hier eine ganze Generation?
Welche Rolle spielt die Bundesnetzagentur in diesem Zusammenhang, ist sie in diesem Umfeld eher regulierend oder deregulierend tätig?”
„Das Recht auf Anonymität: Die Diskussion bewegt sich, wie kaum ein anderes Thema, zwischen zahlreichen Positionen und Extremen, von Meinungs- und Pressefreiheit über Wikileaks bis hin zu einer effektiven Strafverfolgung. Vor einigen Monate stand bei Heise zu lesen, dass auch ein fortgeschrittener Internetnutzer tief im Betriebssystem seines PCs Verbindungsdaten hinterlässt, die von Experten wieder ausgelesen werden können. Ist es überhaupt möglich anonym mit seinem eigenen PC im Internet unterwegs zu sein? Brauchen wir ein neues Verständnis im Umgang mit Anonymität?”
„Die Einführung von IPv6 läuft langsamer als geplant, vielleicht auch weil es immer noch verfügbare IPv4 Adressen gibt, weil Hard- und Softwarezyklen, zumindest in der Bevölkerung und bei kleinen und mittelständischen Unternehmen doch mehr als 6 Monate dauern und weil es immer noch keine Killer-Applikation für das „Internet der Dinge” gibt?
Welche technischen Hürden bestehen denn tatsächlich noch einer marktbreiten Implementierung von IPv6 entgegen? Bekommt der Internetnutzer überhaupt etwas von IPv6 mit? Soll und kann der Staat die Marktakzeptanz von IPv6 fördern? Benötigen wir einen Ideenwettbewerb für IPv6-Geschäftsmodelle? Wann wird sich IPv6 aus Sicht der Wirtschaft durchsetzen?”