Johannes Lenz-Hawliczek, dotBERLIN GmbH & Co. KG
Besser als Kino – Jubelrufe, Fassungslosigkeit, und pure Emotionen
Am 9.11.1989 hatte meine damalige Freundin Geburtstag, und wir saßen mit mehreren Leuten in ihrer Wohnung, um dies zu feiern. Die Situation in der DDR war ja zu dieser Zeit das Dauerthema, und deshalb haben wir um 18:30 die Aktuelle Kamera im DDR-Fernsehen geschaut und konnten live die Pressekonferenz miterleben, bei der DDR-Regierungssprecher Günter Schabowski die Öffnung der Grenzen eher beiläufig ankündigte. Wir trauten unseren Ohren nicht und haben von diesem Moment an quer durch die vorhandenen TV-Kanäle und Radiosender versucht, eine Bestätigung des gehörten zu erhalten, die dann ja auch nicht lange ausblieb.
Wir sind dann meiner Erinnerung nach gegen 20:00 zum Checkpoint Charlie gefahren, wo wir den Rest des Abends – übrigens bei eisigen Temperaturen – in vorderster Reihe an der noch geschlossenen Barriere standen, während sich zu beiden Seiten der Mauer stetig wachsende Menschenmassen einfanden. Es sollte dann mehrere Stunden mit ständig steigender Spannung dauern, bevor die Schranken tatsächlich geöffnet wurden. Die folgenden Stunden sind unvergesslich – über der Szene lagen Jubelrufe, Fassungslosigkeit und pure Emotion, als immer mehr und mehr Menschen zu Fuß und in Autos durch den schmalen Durchlass von Ost nach West in die Freiheit drängten und dort von der Menge begrüßt wurden.
Später sind wir zum Brandenburger Tor gezogen, dort erst auf und dann über die Mauer geklettert und zum ersten Mal durch das Brandenburger Tor gegangen – vorbei an Grenzpolizisten, die alle ziemlich ratlos wirkten. Am Ende des Pariser Platzes befand sich eine Barriere, denn der Platz war nicht frei zu begehen, ungefähr auf Höhe des damals nicht existierenden Hotels Adlon. Dort wurde das nebenstehende Foto aufgenommen, auf dem ich links zwischen dem ersten und zweiten Grenzpolizisten zu sehen bin – es wurde in der Woche darauf im Spiegel Magazin abgedruckt.