Ergänzungen von dotBERLIN zu den Aussagen im Rahmen der Anhörung zu .berlin im Berliner Abgeordnetenhaus am 6.6.2007
Zusammenfassung
- Die Berliner IHK und die Berliner IT-Wirtschaft unterstützen die Einführung einer Top-Level-Domain .berlin.
- dotBERLIN ist ähnlich organisiert wie DENIC, beide Organisationen schütten Überschüsse an die Gesellschafter bzw. Mitglieder aus.
- Der Betrieb einer Top-Level-Domain ist keine Aufgabe der öffentlichen Hand, er ist gesetzlich (Telekommunikationsgesetz, TKG) in der Privatwirtschaft vorgesehen.
- Bei dotBERLIN sind die relevanten Know-How-Träger der deutschen Internetwirtschaft vertreten, als Gesellschafter, im Beirat und als Berater.
- .berlin ist nachhaltige Internet-Infrastruktur für Berlin und die Berliner, kein kurzfristiger Marketinggag.
- Das zentrale Argument der Senatskanzlei gegen .berlin, die behauptete Verpflichtung zur Verhinderung von Wettbewerb zu Berlin.de, kann nur durch eine Offenlegung des PPP-Vertrages geklärt werden.
- Bundesregierung kann nicht bei .de-Streitfällen haftbar gemacht werden, die Berliner Landesregierung bei einem ähnlichen Betreibermodell nicht bei .berlin.
- Das Land Berlin hat keine ausschließlichen Namenrechte am Namen BERLIN, eine lautere Verwendung von Stadtnamen ist gesetzlich gestattet.
- dotBERLIN gewinnt im Juni den Innovationspreis der deutschen Internetwirtschaft.
- .berlin, .paris und .nyc haben auf Einladung der ICANN auf dem Meeting im Juni präsentiert und Zustimmung von Vertretern weltweiter Interessensgruppen erhalten.
Haltung der IHK zu einer Top-Level-Domain .berlin
Da es bezüglich der Haltung der IHK zu einer Top-Level-Domain .berlin bis dato widersprüchliche Aussagen von IHK und Senatskanzlei gab, sei noch einmal festgehalten, dass die IHK und insbesondere die Mitgliedsunternehmen aus der IT-Branche die Einführung einer Top-Level-Domain .berlin unterstützen. Hierzu die offizielle Aussage des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers Ludger Hinsen am 09.08.2007 gegenüber MdA Mirco Dragowski:
„Vielen Dank für Ihre E‑Mail vom 2. August 2007. Offenbar gibt es unterschiedliche Aussagen von Dritten über die Haltung der IHK Berlin zu einer Top Level Domain .berlin. Weil sich die IHK Berlin von keiner Seite instrumentalisieren lassen möchte, nutze ich gerne die Gelegenheit, Ihnen unsere Einschätzung selbst zu schildern.
Vor dem Hintergrund der erwarteten Erweiterung des Namensraumes im Internet wäre die Einführung einer Top Level Domain mit dem Namen Berlin nach unserer Auffassung ein guter Beitrag zur Positionierung der Marke Berlin und eine Gelegenheit, internationale Aufmerksamkeit zu schaffen. Diese Einschätzung bestätigen uns auch unsere Mitgliedsunternehmen, insbesondere aus der IT-Branche. Ob eine Top Level Domain .berlin angenommen und wirtschaftlich erfolgreich wird – so die Auffassung der dotBerlin GmbH & Co. KG – oder aber eher nicht – so die Einschätzung der Senatskanzlei – muss allerdings letztlich der Markt entscheiden.
Wegen der besonderen Chancen, die wir bei einer Einführung von .berlin sehen, wollten wir das Projekt – unabhängig davon, wer dieses trägt – in der Startphase unterstützen. Deshalb war die IHK Berlin bis zum Januar diesen Jahres im Beirat der dotBerlin GmbH & Co. KG vertreten. Als Institution, in der alle gewerblichen Unternehmen Mitglied sind, können wir uns allerdings nur in Ausnahmefällen direkt in einzelnen Mitgliedsunternehmen engagieren. Die Mitgliedschaft im Beirat der Gesellschaft war deshalb von vorneherein zeitlich befristet angelegt. Eine Positionierung zugunsten oder zulasten der dotBerlin GmbH & Co. KG oder der Senatskanzlei, die das Projekt kritisch beurteilt, war damit nicht verbunden.”
Seite 12 – Beitrag Frank Zimmermann:
„Die DENIC ist eine Non-Profit-Organisation. Ist es aus Ihrer Sicht sinnvoll, bei einer Verwaltung von Top-Level-Domains von einer Non-Profit zu einer Profit-Organisation zu kommen, wenn es sich um solche Namen wie Berlin handelt, die erkennbar auch eine Zuordnung zu einem öffentlichen Gemeinwesen haben?”
Ergänzung: Die DENIC e.G. ist nicht gemeinnützig. DENIC ist eine eingetragene Genossenschaft, die zwar per se als Organisation keine Gewinne erwirtschaften darf, jedoch den ausschließlich wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder verpflichtet ist. Die rund 250 Mitglieder der DENIC (einmalige Einlage Euro 1.500) sind Wirtschaftsunternehmen (Internetprovider) an die am Jahresende eventuelle Überschüsse ausgezahlt werden.
Die dotBERLIN GmbH & Co. KG ist als Publikums-Kommanditgesellschaft ähnlich wie die der DENIC als Community relevanter Interessensgruppen organisiert. Die dotBERLIN Gesellschafter (Kommanditisten) leisten eine einmalige Einlage von Euro 100, eventuelle Überschüsse werden am Jahresende an die Kommanditisten ausgeschüttet. Kommanditisten sind überwiegend Organisationen aus Berlin.
Seite 13/14 – Beitrag Dr. Gabriele Hiller:
„Wer soll es machen? Welche Alternativen zu einer privatwirtschaftlichen Beschreibung gibt es?
Ergänzung: Im Telekommunikationsgesetz ist festgehalten, dass der Betrieb von Top-Level-Domains privatwirtschaftlich zu erfolgen hat. Da der Betrieb einer Top-Level-Domain keine öffentliche-rechtliche Aufgabe ist, ist der Betrieb von .berlin durch eine öffentlich-rechtliche Organisation ausgeschlossen, auch eine Ausschreibung oder eine Public-Private-Partnership sind damit nicht vorgesehen. Im Unternehmen dotBERLIN sind die Know-How-Träger und das Rückgrat der deutschen Internetwirtschaft vertreten, als Gesellschafter und im Beirat. Es ist kaum vorstellbar, dass eine andere deutsche Organisation sich vergleichbar zu dotBERLIN aufstellen kann. Eines der zentralen Kriterien für die Zulassung von .berlin bei der ICANN ist genau diese organisatorische Aufstellung von dotBERLIN mit dem Involvement der der deutschen Internetwirtschaft.
„Ich frage mich, warum man das jetzt ad hoc über das Knie brechen soll.”
Ergänzung: dotBERLIN bereitet seit 2 Jahren die Bewerbung um die Top-Level-Domain .berlin vor und hat dabei zeitig alle relevanten Parteien mit einbezogen. Da es bislang nur alle 4 Jahre ein Bewerbungsfenster für neue Top-Level-Domains gibt, ist dotBERLIN auf das nächste Fenster Anfang 2008 angewiesen. Eine Ablehnung von .berlin durch die Berliner Landesregierung und eine eventuell damit verbundene Versagung der Inbetriebnahme von .berlin ist dabei als staatliche Eingriffshandlung in die Privatwirtschaft zu werten (u.a. Koenig/Koch, Kommunikation & Recht, Heft 11/2006).
Seite 15/16 – Beitrag Michael Donnermeyer:
„Wir hatten mehrere Sitzungen auch mit den übrigen Marketing-Organisationen, die in Berlin tätig sind, Partner für Berlin, Herr Strauch hat eine Runde, wo viele Organisationen wie Messe und andere tätig sind. Das haben wir mehrfach in diesen Runden diskutiert und das Für und Wider abgewogen. Es ist ausdrücklich eine Abwägungsentscheidung, bei der auf der einen Seite Argumente dafür sprechen, auf der anderen Seite dagegen.
Ergänzung: Mehrere Marketingorganisationen, wie u.a. die BTM, die BTM-Partnerhotels haben sich ausdrücklich für .berlin ausgesprochen und sind Gesellschafter bei dotBERLIN. Die Abwägungsentscheidung ist allein durch die Senatskanzlei getroffen worden.
„Die Begeisterung, dass es ein solcher Image-Gewinn sei, muss man etwas relativieren, weil es ein einmaliger Effekt ist, der bei der Einführung da wäre. Wie groß er ist, wissen wir nicht.”
Ergänzung: Die Einführung von .berlin bringt im Gegenteil einen nachhaltigen Image-Gewinn mit sich, da durch .berlin mehrere Milliarden Medienkontakte jährlich durch Email-Adressen wie martin@gmx.berlin oder Domains wie www.hotel.berlin geschaffen werden. Dieser Aufmerksamkeit ist nachhaltig und steigt noch über die Zeit beträchtlich.
„Nicht alle Städte haben einen international eindeutigen Namen wie Berlin.”
Ergänzung: Berlin heißt in den wenigsten Ländern der Erde Berlin und teilt diese Eigenschaft mit praktisch jeder anderen Stadt.
„Das sind 27 Millionen Kunden bei Berlin.de”.
Ergänzung: Berlin.de hat jeden Monat rund 4 Millionen Besucher, die rund 27 Millionen Seiten anklicken. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass ein Teil der Besucher die Angestellten des Landes Berlin sind, bei denen Berlin.de die Startseite auf Ihrem Computer ist.
„Wir haben Verträge im Rahmen einer Public-Private-Partnership mit dem Berliner Verlag, der unser Public-Private-Partner ist. Es würde mit Sicherheit von der Seite aus Schwierigkeiten geben, weil die Exklusivität zugesichert ist.”
Ergänzung: Diese zentrale Behauptung gegen eine Einführung ist zu belegen. Das zentrale Argument der Senatskanzlei gegen .berlin, die behauptete Verpflichtung der zur Verhinderung von Wettbewerb zu Berlin.de, kann nur durch eine Offenlegung des PPP-Vertrages gegenüber den involvierten Interessengruppen geklärt werden.
„Die Namensrechte liegen beim Senat.”
Ergänzung: Das Land Berlin hat keine ausschließlichen Namenrechte an Berlin, da eine lautere Verwendung von Stadtnamen gesetzlich gestattet ist. So können Merchandisingartikel mit dem Namen Berlin verkauft werden, ein Parfüm kann Berlin heißen und Unternehmen dürfen Berlin im Namen führen.
Allgemeine Ergänzung zum Thema Haftung einer Regierung:
„Warum wird die Bundesregierung nicht haftbar gemacht, wenn .de-Domainnamen oder Inhalte unter .de-Domains rechtswidrig sind?”
Ergänzung von DENIC Justiziar Stephan Welzel: In Betracht kommt nur die so genannte Störerhaftung, die drei Voraussetzungen hat:
1. Der Störer muss einen kausalen Beitrag zur Rechtsverletzung geleistet haben.
2. Er muss rechtlich und tatsächlich in der Lage sein, die Rechtsverletzung zu beseitigen.
3. Die Rechtsverletzung als solche festzustellen und gegen sie einzugreifen muß ihm zumutbar sein.
Nichts von alledem trifft für die Bundesregierung im Hinblick auf .de-Domains zu:
1. Die Bundesregierung hat keinen Ursachenbeitrag zur Rechtsverletzung geleistet; denn sie hat die fragliche Domain nicht registriert und schon gar nicht die Website gestaltet – und sie hat nicht einmal dafür gesorgt, dass DENIC die Registrierungsstelle ist und daher die Domain registrieren konnte (und mit der Website hat DENIC ohnehin nichts zu tun).
2. Die Bundesregierung ist rechtlich nicht in der Lage, die Domain oder die Website zu entfernen; denn sie hat eine rechtliche Handhabe weder gegen DENIC (und auch DENIC könnte ohnehin nur die Domain, nicht aber die Website beseitigen) noch gegen den Domaininhaber oder den Websitebetreiber. Tatsächlich kann sie darüber hinaus erst recht nichts tun.
3. Der Bundesregierung wären Prüfung und Eingreifen auch nicht zumutbar, wie sich im Wege eines Erst-recht-Schlusses schon daraus ergibt, dass beides bereits DENIC nicht zugemutet werden kann.
Nachträge
dotBERLIN gewinnt den Innovations-Sonderpreis der deutschen Internetwirtschaft
Am 19. Juni hat die dotBERLIN GmbH & Co. KG in Köln den Innovations-Award der deutschen Internetwirtschaft erhalten, Preisträger der Vorjahre waren openBC und iTunes.
„Wir finden die Idee, den Namensraum auf lokaler Ebene zu erweitern, überzeugend und eigentlich überfällig”, kommentierte Harald Summa, Geschäftsführer des eco-Verbands. „Schließlich sind Domains von außerordentlicher Bedeutung für die Kommunikation, und deshalb ist es an der Zeit, die künstliche Knappheit im Namensraum des Internet durch die Einführung von starken neuen Top-Level-Domains wie .berlin zu beheben”.
Um die Auszeichnungen in den verschiedenen Kategorien hatten sich fast 200 Unternehmen beworben. Ausgelobt wird der Preis vom Verband der Deutschen Internetwirtschaft eco e.V..
.berlin, .paris und .nyc präsentieren offiziell bei ICANN
Im Rahmen des 29. ICANN Meetings in Puerto Rico waren .berlin, .paris und .nyc eingeladen auf einem Workshop zum Thema Verbraucherwahrnehmung bei den so genannten GeoTLDs zu präsentieren. Im Anschluss daran hatten Delegierte der meisten auf der Konferenz anwesenden Interessengruppen, darunter auch Regierungsvertreter und Vertreter von Verbraucherschutzorganisationen, Gelegenheit, die vorgestellten Projekte aus New York, Paris und Berlin zu kommentieren. Es sei dabei mehr als deutlich geworden, dass GeoTLDs für die Internetnutzer zu mehr Auswahl, aber nicht zu mehr Verwirrung führen würden.
Besonders der französische Regierungsvertreter, Bertrand de la Chapelle, setzte sich verstärkt für die GeoTLDs ein, auch in Hinblick auf eine zukünftige .paris.