Die ITB ist die weltführende Tourismusmesse und fand dieses Jahr zum 51. Mal in Berlin statt. Bereits zum zweiten Mal besuchte ich nun die ITB mit einem klaren Ziel. Ich wollte herausfinden, wie neue geoTLDs für Tourismus‑, Stadt- und Standortmarketing von Regionen und Städten verwendet werden.
Existierende und nicht-existierende Internetadressen
Schon zu Beginn meines Besuches, machte ich ein paar lustige Beobachtungen. Schleswig-Holstein scheint sich mit der Verwendung der Länderendung „.sh“ der Insel St. Helena offenkundig als deren Fan zu outen. Zugegeben, dass SH auch als inoffizielle Abkürzung für Schleswig-Holstein verwendet wird, mag wohl für die Wahl der Internetadresse (www.)nah.sh, auch eine Rolle gespielt haben. NAH.SH gehört dem Betrieb der öffentlichen Verkehrsmittel von Schleswig-Holstein und ist aufgrund der Werbung auf allen Zügen, wahrscheinlich eine der sichtbarsten Internetadressen überhaupt. Die Tourismus Agentur Schleswig-Holsteins macht Werbung mit dem Slogan TA.SH. Ich kam in Versuchung zu erwarten auch dahinter steckt eine informative Webseite – aber nein, www.ta.sh steht zum Verkauf. (Ob das wohl Zufall ist?)
Die digitale Heimat der Friesländer – die geoTLD .frl
Ebenso überraschend war der Besuch an dem Stand der Friesländer, die im Norden der Niederlande beheimatet sind. Friesland hat seine eigene .frl Internetadressenendung und gehört zu den erfolgreichsten Geo-Endungen, wenn es um die Verbreitung innerhalb der eigenen Community geht. Als ich letztes Jahr die Stadt Leeuwarden in Friesland besucht hatte stieß ich innerhalb weniger hundert Meter auf fünf .frl Internetadressen. Mit großem Interesse fing ich also an mit den Friesländern am Stand der ITB zu reden. Diese teilten mir mit, dass sie zwar die .frl kennen würden, aber kein Werbematerial mit der Endung dabei hätten. Dafür bekam ich ein kleine Karte Frieslands mit der Adresse www.friesland.en auf der Vorderseite.
Ich hatte nicht alle (über 200)Länder-Internetadressen im Kopf, daher schaute ich mir die Liste der IANA an, in der alle Endungen gelistet sind und fand heraus: Es existiert gar keine .en als Internetadressenendung. Für mögliche Besucher Frieslands wird es nun etwas schwieriger sein die Friesen im Netz zu finden. Ob sie vielleicht .er oder .nl meinten?
Da ich sowieso schon bei den Ständen der Niederlande war, hielt ich Ausschau nach der .amsterdam Endung. Leider ohne Erfolg. Mir wurde gesagt Amsterdam habe schon genug Besucher und sei deshalb gar nicht auf der ITB vertreten. In Ordnung.
Deutsche Internetendungen
Da Berlin Gastgeber der ITB ist, finden sich traditionell viele Berliner Tourismusunternehmen auf der Messe. Immer noch dominierte die Kampagne von visitBerlin, der Stadtmarketingagentur, mit ihrer Internetadresse www.365–24.berlin. Aber auch zahlreiche andere Aussteller benutzten .berlin-Internetadressen. Der einzige Neuling war www.berlin-stars.berlin, eine Verbindung von 16 verschiedenen Touristenattraktionen.
Wie schon letztes Jahr, war auch dieses Jahr wieder Saarland als kleinster Bundesstaat Deutschlands der aktivste Nutzer seiner eigenen Endung. Das offizielle Werbematerial des Saarlandes zeigte eine große Auswahl verschiedener .saarland Internetadressen. Jede Karte und Broschüre, egal ob über Ferien, Gruppenreisen, Radtouren oder andere nützliche Information für Touristen war mit einer .saarland-Adresse versehen. So stieß ich zum Beispiel auf die Adressen www.mein.saarland, www.urlaub.saarland, www.staatstheater.saarland, www.willkommen.sarland oder www.radfahren.saarland.
Ab zum nächsten Stand: Nordrhein-Westfahlen! Die Erwartungen waren hoch, insbesondere nachdem das Land NRW viele seiner öffentlichen Angebote auf .nrw umstellte und so in Deutschland zum Pionier im staatlichen Gebrauch einer neuen Internetadressenendung wurde. Trotzdem ist der Name der Tourismuskampagne NRWs immer noch www.dein-nrw.de – www.dein.nrw wäre doch eigentlich eine schöne Alternative!
Die Stadt Köln, die Inhaberin der .koeln- und .cologne-Endung ist zeigte drei ihrer Adressen auf ihrem Werbematerial : www.visit.koeln, www.museen.koeln und www.locations.koeln. Außerdem gab es auch eine .ruhr Adresse – www.radregion.ruhr. Eine Internetadresse für Radtouren in Ruhr. Interessanterweise verfolgte Essen eine andere Herangehensweise und zeigte sich mit www.essengreen.capitel.
Nächster Stop: Bayern. Mit mehr als 30.000 Internetadressen unter dem Management einer Regierung, die die Benutzung von .bayern- Adressen in der Digitalisierung der öffentlichen Angebote fokussiert, hatte ich gehofft ein paar .bayern-Adressen in der freien Wildnis zu erspähen. Aber nichts dergleichen. Eine junge Dame von der Agentur der Region erzählte mir, dass sie vorzugsweise immer noch .by für die Werbung ihrer Region benutzen würden. Trotzdem, zum ersten Mal seit vielen Jahren zeigte Bayern nicht ihre www.bayern.by. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass Bayern im nächsten Jahr schon seine eigene Internetadresse präsentieren wird. Dieses Jahr konnte ich leider nur www.museum.bayern und eine andere vermeintliche Internetadresse servus.dahoam entdecken, die aber als Blindgänger herausstellte. Außerdem sah ich viele Prospekte, die www.bayerninfo.de verwendeten.
Last but not least .hamburg: Als international renommierte Hafenstadt waren die meisten Partner am Stand der Hamburger Kreuzfahrten- und Reiseunternehmen, welche wenn überhaupt nur .com-Adressen für ihre Werbung zeigten. Nur www.hafengeburtstag.hamburg konnte meine Aufmerksamkeit erregen.
Internationale geoTLDs
Nach meinem Besuch in den Hallen deutscher Aussteller, besuchte ich fast alle Stände von europäischen Orten mit einer eigenen Internetadressenendung. Wie schon im letzten Jahr versah die Stadt Brüssel ihren gesamten Ausstellungsbereich, inklusive ihrer Werbematerialien, mit Internetadressen wie www.be.brussels und www.visit.brussels. Am Stand sagte man mir, dass obwohl man .brussels Internetadressen selbst großartig fände, viele Leute von den Adressen irritiert seien.
Als ich am Stand des spanischen Baskenlands vorbeilief, erlebte ich eine erfreuliche Überraschung. www.tourismus.euskadi.eus wurde als eigene Adresse in großer Schrift ausgehangen. Die Leute am Stand waren sehr enthusiastisch als sie anfingen über ihre neue Internetadressenendung zu erzählen und gaben mir eine Karte von Bilbao, wo in diesem Jahr noch ein Treffen zu (Geo-TLDs) Geo-Internetadressen stattfinden wird.
Auch Galizien war bei der ITB vertreten, aber leider ohne ihre eigene Internetadressenendung. Viel besser dagegen war der Stand der Katalanen, der eine Menge .cat-Internetadressen zeigte. Unter ihnen www.visitmataro.cat, www.visitcalles.cat, www.ajrubi.cat, www.visitterrassa.cat und www.turismesantcugat.cat.
Als ich schließlich den brasilianischen Ausstellungstand erreichte, fand ich, wonach ich gesucht hatte: Die Werbekampagne von Rio de Janeiro mit ihrer klar und eindeutig hervorgehobenen www.visit.rio Adresse, die auf allem Informationsmaterial der Stadt prangte. Das Design des Logos gefällt mir sehr, denn es spielt mit den Punkten und repräsentiert zugleich die bunte Seite der Stadt.
Mein Fazit
Das Fazit nach meinem Besuch ist, dass es wohl noch einige Zeit brauchen wird, bevor die geografischen Endungen einen festen Platz im Marketing der Städte und Orte haben.
Ich glaube, dass es auch die Aufgabe der Betreiber von Geo-Endungen (wie wir es auch sind) ist es, den Regionen zu verdeutlichen, wie wertvoll ihre eigene geografische Internetadressenendung für ihre Aktivitäten sein kann. Dabei kann es helfen, ihnen zu zeigen wie erfolgreich Vorreiter wie z.B.: .rio, .brussels oder .koeln ihre Adressen nutzen um sich bei der Nutzung ihrer eigenen Adresse wohl zu fühlen. Auch der harte Wettkampf der Städte und Regionen um Besucher, Arbeitskraft und Kapital könnte in der Zukunft Anreiz sein.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Beseitigung der Verwirrung durch den unsachgerechten Gebrauch von Punkten in der Werbung (z.B. mit der nicht existieren Internetadresse servus.dahoam). Aktuell sind Punkte als modisches Kommunikationsdesign vielfach in der Werbung zu sehen und werden mit dem Punkt, als Bestandteil einer Internetadresse verwechselt.
Link zu den neuen lokalen Top-Level-Domains: http://stadt-land-region.digital