Das Internet wächst. Und die größte Revolution des Internet in den letzten Jahren und damit eines der größten Projekte der ICANN ist die Einführung der neuen Top-Level-Domains (TLD). Doch mit der Erweiterung des Namens- und Adressraumes im Internet wachsen die Herausforderungen für die Internet-Nutzer und die gesamte Domain-Industrie.
Drei-Buchstaben- und Zwei-Buchstaben-Codes
Seit Beginn der Internetzeit war die Zahl der Top-Level-Domains begrenzt und die Struktur der Domainnamen sehr einfach. Alle Domains endeten mit einer Domainendung wie „.com”, „.net” und „.org” (gTLD) oder mit einem länderspezifischen Zwei-Buchstaben-Code wie „.de“ oder „.uk“ (ccTLD). Diese Einfachheit birgt aber auch viele Nachteile. So ist der Namensraum sehr begrenzt. Und ist z.B. ein bestimmter Name unter „.com“ und „.de“ schon registriert, so bleiben einem oft nicht mehr viele Alternativen.
Um dem entgegenzuwirken, wurden seit 2001 schrittweise neue Domainendungen eingeführt (z.B. „.info“ oder „.museum“); seit 2010 auch solche ohne lateinische Buchstaben (z.B. „.中国” und „.рф”; so genannte IDN ccTLD). Im Jahr 2008 beschloss die ICANN eine Lockerung der Regeln für gTLDs; damit stand die Tür offen für viele neue Top-Level-Domains. Von Oktober 2013 bis März 2014 wurden so bereits über 150 neue Top-Level-Domains eingeführt; weitere folgen im Wochentakt. Weltweiter Vorreiter für Städtedomains ist „.berlin“.
ASCII und UTF‑8
Sowohl Top-Level-Domains als auch E‑Mail Adressen vor 2010 basierten auf der ASCII (American Code for Information Interchange) Kodierung. Die Einführung der IDN ccTLDs wie „.中国” und „.рф” oder das Erkennen von Umlauten wie „ä“, „ö“ oder „ü“ erforderten eine Erweiterung auf die UTF‑8 (8‑Bit UCS Transformation Format) Kodierung.
Aktuelle Probleme
Dies führt in vielen Bereichen zu Problemen. Die Umstellung auf UTF‑8 ist in vielen Fällen nicht oder nur zum Teil abgeschlossen. Auch verwenden Software- und Browser-Hersteller oft veraltete Tabellen von Domain-Endungen, so dass viele neuere Top-Level-Domains nicht angezeigt oder genutzt werden können.
Browser, E‑Mail Software usw. sind so konzipiert, wie das DNS (Domain Name System) ursprünglich geschaffen und genutzt wurde, also nur mit Domainendungen für Länder, wenigen weiteren Domainendungen und ohne Umlaute bzw. andere Sprachen (ASCII).
Was ist die Lösung?
Aus diesem Grund hat die ICANN das „TLD Universal Acceptance“-Projekt ins Leben gerufen. Ziel ist es, dass Internet-Programme
- jede TLD erkennen und darstellen können,
- jede Domain- oder Emailadresse korrekt anzeigen,
- Sicherheit gewährleisten.
Auf dem ICANN Meeting 49 (#ICANN49) in Singapur wurde beschlossen, dass die ICANN die Rolle des Moderators in diesem Prozess spielt. Ihre Aufgabe ist es, sämtliche Beteiligte zu motivieren und an der Umsetzung der Ziele mitzuarbeiten. Damit sind die komplette Domain-Industrie, Softwarehersteller und IT-Dienstleister gemeint. Ziel ist es, dass diese eine gemeinsame Lösung entwickeln und damit allgemeingültige Standards setzen, welche die Probleme mit der Auflösung von TLDs beseitigen.
Status Quo bei #ICANN50
Auf dem 50. ICANN-Meeting (#ICANN50) in London gab es ein Update. Nach Treffen von Gremien, die sich mit diesem Thema auseinandersetzen, wurden folgende Fakten ausgemacht:
- Es besteht in der gesamten Community eine Bereitschaft, an einer Lösung mitzuarbeiten
- Grundproblem ist der veraltete Programmiercode
- Die Internetnutzer sollen mit eingebunden werden.
Die ICANN hält die Hersteller an, ihre Listen mit Domain-Endungen im Rahmen dieser „Universal Acceptance“ stetig zu aktualisieren. Die von der Mozilla-Foundation verwaltete „Public Suffix List“ dient hierbei als Hilfe.
Für die nahe Zukunft gilt folgende Prämisse:
- Domainnamen müssen unter dem Schlagwort der „usability” in sämtlichen Software-Anwendungen unabhängig vom Skript, der Länge der Domain oder der dahinterstehenden Domain-Endung nutzbar sein.
- „Internationalized Email“, also das Versenden von E‑Mails in anderen Sprachen, soll möglich werden, welches als Treiber der IDN TLDs gilt.
- Sämtliche Branchen, die mit dem Problem der Universal Acceptance in Berührung kommen, müssen herausgefiltert und mit in die Diskussion eingebunden werden, dazu gehören:
- Domain-Industrie & Verbände(ICANN, Registries, Registrare, Webhosting-Unternehmen)
- Internetnutzer
- Software-Entwickler & Service-Provider
- IT-Administratoren
- IT-Sicherheitsexperten
Zunächst wurde ein Reporting System vorgestellt, über das die Community und Domain-Industrie kommunizieren kann. Bis einschließlich 8. August können Kommentare eingereicht werden, wie das Problem gelöst werden kann (weitere Informationen hier). Es bleibt also spannend, was sich in den nächsten Wochen und Monaten tut.